Die Fuji X100F ist perfekt für Street Photography und auch für People-Fotografie ist das kleine Miniwunderwerk ein echter Meister. Aber wie macht sich der Zwerg bei Event-Reportagen? Wir haben die Antwort.
Text & Bilder: Markus Mallaun
Bei jedem Kundenauftrag reise ich regelmässig mit grossem Fotogepäck an. Kameras, Blitze, Linsen, Stative, Kabel, Laptop und viele andere kleine Helferlein sind in meinem Fotokoffer. Am liebsten ist alles doppelt abgesichert, also in zweifacher Ausführung. So auch dieses mal. Wir waren gebucht für eine Event-Reportage im Zürcher Hallenstadion – die Tubecon 2018.
Event ist nicht gleich Event
Bevor ich etwas tiefer in meine Geschichte eintauchen werde – lasst mich kurz etwas zum Thema Event erläutern: Je nach Kunde und Auftrag variiert die Art des Events und die Anforderungen an die abzuliefernden Bilder. Ich arbeite oft an Firmenanlässen, wo der Kunde meine Bilder für diverse Kommunikationsaktivitäten verwenden möchte und absolutes High Quality-Material benötigt (Auflösung, Format, Bildqualität). Allerdings gibt es auch zahlreiche Aufträge, wo bereits im Vorfeld klar ist, dass die Bilder ausschliesslich bei Social Media zur Anwendung kommen und damit Kanäle wie Instagram, Facebook und Twitter befeuert werden. Aber auch eine Hochzeitsreportage kann man in den Bereich Event-Reportage versorgen, wobei ich keine Hochzeitsreportagen fotografiere.
So unterschiedlich wie die Events sind auch die Event-Abläufe und das Zeitmanagement. Nicht selten muss der Event in einer Stunde abfotografiert werden oder man wechselt von Programmpunkt zu Programmpunkt und muss jedes Detail in Bildern eingefangen haben.
Events lassen sich also nicht alle über einen Kamm scheren und in eine einzige Schublade versorgen. Genauso vielfältig wie die Anforderungen sind entsprechend auch die Anforderungen an den Fotografen.
Optimale Voraussetzungen für die Fuji X100F
Gross war die Freude, als mein Kunde für die Tubecon eine reine schwarz-weiss-Reportage mit available Light wollte. Also kein Blitzlichtgewitter, schöne Unschärfen und mittendrin, statt nur dabei. Die Bilder sollten später vorallem im Bereich Social Media zum Einsatz kommen und für die Interne Kommunikation verwendet werden.
Die Rahmenbedingungen im Detail
- Event im Hallenstadion (grosse, überdachte Eventhalle mit Platz für 15’000 Zuschauer, mehrere Event-Räumen im Voyer und vor der grossen Halle)
- Anständige Lichtverhältnisse (Sonnenlichteinstrahlung durch Oberlichter, Scheinwerfer und Leuchtstoffröhren)
- Wenig Action oder schnell wechselnde Szenen
- Genügend Zeit (von 14.00 bis 21.00 Uhr)
- Gewünscht wird ein Reportagestil in schwarz-weiss, mit Unschärfen und available light
- People-Aufnahmen und Emotionen stehen im Fokus
- Detailaufnahmen der Sponsoren-Integration
Los gehts
Gewohnt durch meinen bisherigen Workflow zog ich mit der klassischen Spiegelreflex und Aufsteckblitz los. Die Fuji X100F hatte ich als Zweitkamera umhängen. Schnell realisierte ich, dass insbesondere die vorherrschenden Lichtverhältnisse den Einsatz von Blitzlicht nicht zwingend nötig machen. Und so verwendete ich immer mehr die kleine Fuji, bis ich bald die Nikon ganz weglegte und nur noch mit der X100F fotografierte. Und dies blieb denn auch für den Rest des Events so. Ich fotografierte den ganzen Auftrag mit ihr durch.
Hat die Fuji X100F die Anforderungen erfüllt?
Ich hätte mich nicht auf dieses Experiment eingelassen, wenn das Zeitbudget limitiert gewesen wäre. Mir stand alle Zeit der Welt zur Verfügung (wir fotografierten einen ganzen Nachmittag lang) und ich konnte in aller Ruhe spannende Situationen suchen und mich entspannt auf die einzelnen Sujets einlassen. Anders hätte es sich verhalten, wenn ich – wie üblich – nur beschränkt Zeit gehabt hätte. So einen Auftrag würde ich dann doch lieber mit meiner Nikon Spiegelreflex durchführen. Da weiss ich, dass der Bildaufbau um einiges schneller funktioniert und der Fokus punktgenau dort ist, wo ich ihn haben möchte.
Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob man mit available light fotografieren kann oder aufgrund der Lichtbedingungen Blitzlicht eingesetzt werden muss. Die Fuji X100F leistet meiner Meinung nach auch bei hohen ISO-Werten einen hervorragenden Job, aber hätte ich in Farbe und mit sauberen Lichtstimmungen/Weissabgleich fotografieren müssen, wäre der Job nicht ohne zusätzlichen Blitz zu machen gewesen. Da hätte ich mich wiederum für meine klassische Spiegelreflex und dem Aufsteckblitz oder eine weitere, externen Blitzquelle entschieden.
Die kleine Fuji ist ein echtes Raumwunder und für diesen Job war sie perfekt. Trotzdem bin ich froh, meine Spiegelreflex als Backup dabei gehabt zu haben. Wer weiss; Vielleicht hätte eine X-T2 den gleichen Job geleistet – aber da kann ich nur mutmassen – die befindet sich leider noch nicht in meinem Sortiment.
Mache ich nun jeden Event mit der Fuji X100F?
Ganz klar nein. Wie oben beschrieben, kommt es auf die Situation und die Anforderungen drauf an. Aber ich kann euch garantieren, dass die Fuji künftig bei jedem Event um meinen Hals hängen wird.
Mit der Kleinen braucht man grosse Eier
Noch was zum Schluss; Ich war natürlich nicht der einzige Fotograf an diesem Event. Und alle meine Kollegen, die ich dort angetroffen habe, waren mit ihren Spiegelreflexkameras (manche mit zwei Bodies) und Prime-Linsen ausgerüstet. Nur ich marschierte mit dem kleinen Kistchen um den Hals durch die Gegend.
Es braucht schon eine grosse Portion Selbstvertrauen, einen Kundenauftrag mit so einem kleinen Scheisserchen durchzuziehen. Kennt ihr den Film von Monty Python „The Meaning of Life“ und der einen Szene im Gebärsaal, wo die Maschine mit dem Ping eingefahren wird? Es geht bei der Szene im Wesentlichen darum, dass der Politiker im Spital vorbeikommt, um die jährliche Budget-Vergabe zu besprechen. Damit der Politiker auf jeden Fall gross beeindruckt sein wird, werden alle möglichen unnötigen Maschinen angekarrt, um eine grosse Leistungs-Show abzuziehen. Unter anderem wird auch „die Maschine mit dem Ping“ aufgestellt, deren einzige Funktion es ist, einen schönen Monitor zu haben und ein lautes Ping von sich zu geben. Der Politiker erkennt die teure Maschine wieder, die Maschine macht Ping und alle sind glücklich.
Was ich damit sagen möchte; Ein guter Koch braucht auch keine grossen Pfannen, um ein phantastisches Menü zu zaubern. Aber der Kunde wird sich so seine Gedanken machen, wenn er euch mit dem kleinen Fuji-Schnäpperchen um den Hals sieht. Irgendwie lässt mich das Gefühl nicht los, dass viele Kunden eben doch die Maschine mit dem Ping erwarten, um sicher zu sein, dass sie einen Profi-Fotografen vor sich haben.
Trotzdem – der Kunde war von den Bildern begeistern und die Welt war für mich in Ordnung.
Text & Bilder: Markus Mallaun