Spiegelreflex versus Spiegellose Kamera? Wie immer lässt sich schwer über Religion und Geschmack streiten. Doch ich empfehle jedem, die beiden Systeme hands-on auszuprobieren und miteinander zu vergleichen. Mich haben die Spiegellosen von Fuji bereits überzeugt. Ein erster Erfahrungsbericht aus der Architekturfotografie.

Text & Bilder: Markus Mallaun


 

Seit ich laufen kann, fotografiere ich mit Spiegelreflexkameras, habe im Fotostudio Bodies und Linsen im Wert von mehreren tausend Geld und bin eingefleischter Nikon-Jünger der ersten Stunde. Seit zwei Monaten besitze ich meine erste anständige Mirrorless-Kamera – das Baby-Flaggschiff von Fuji, die X100-F und spucke bereits grosse Töne und einen Lobgesang auf das Arbeiten mit Spiegellosen Kameras. Die X100-F hat eine 35mm Festbrennweiten-Linse, nicht mal Wechselobjektive. Und trotzdem plädiere ich ohne Vorbehalt für die Spiegellosen wenns um Architekturfotografie geht.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Kontraste beurteilen im Live-View-Modus © Mallaun Photography

 

Heute war ich mit meiner Kamera auf einen Abstecher in Weil am Rhein unterwegs. Zuerst im Carhartt Outlet Store, in dessen Oberstock sich eine coole Graffiti-Ausstellung befindet und anschliessend im Vitra-Museum, einem Architektonischen Augenschmaus, ideal für Architekturfotografen und alle, die schöne Linien und Formen suchen. Sehr empfehlenswert auch für Anfänger der Architekturfotografie; Denn die Architektur ist dermassen aussergewöhnlich, dass man als Fotograf fast nichts falsch machen kann.

Aber warum soll denn nun die kleine Spiegellose von Fuji besser sein, als meine Nikon Spiegelreflex mit den schönen, teuren Prime-Linsen?

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Linien und Formen besser erkennen im Live-View-Modus © Mallaun Photography
  1. What you see is what you get

Einer der grossen Vorteile bei meiner Fuji ist die Filmsimulation, bzw. die simulierte Darstellung des fertigen Bilds. Und zwar nicht nur auf dem fertigen Bild wenn ich die Play-Taste drücke, sondern auch im Live-View-Modus oder im digitalen Sucher. Das, was ich auf dem Display sehe, ist das, was ich später auf meinem Rechner haben werde.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Graffiti-Ausstellung im Carhartt Outlet Wheil am Rhein © Mallaun Photography

 

Klar kann man auch jede Spiegelreflexkamera in den Live-View-Modus schalten und bekommt ebenfalls einen Eindruck davon, wie das Bild später aussehen wird. Aber es ist bei Weitem nicht das Selbe. Das Spiel von Licht und Schatten, eine präzise Vorstellung davon, wie sich die Kontraste verhalten werden oder wie eine schwarz-weiss-Umsetzung aussehen wird, kann mir kein Live-View-Einspieler einer Spiegelreflexkamera bieten.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Wer mit den Spiegellosen fotografiert, schleppt nur noch halb so viel Gewicht © Mallaun Photography

 

2. Linien, Formen und Perspektiven besser erkennen

Es fühlt sich irgendwie ganz anders an, nicht durch den Sucher kucken zu müssen, sondern die Linienführung der Architektur im Live-View-Modus direkt auf dem Display zu beurteilen. Es ist wohl auch viel mehr ein subjektives Gefühl und widerspiegelt meine ganz persönliche Vorliebe zu dieser Technik. Aber während ich bei einer Spiegelreflexkamera durch den Prismasucher schaue und mir das Bild im Sucher zusammenbastle wandert mein Auge ständig hin und her, sucht nach Kanten, Formspielen und kann sich viel weniger auf den Gesamteindruck des Fotos konzentrieren. Wenn ich jedoch das selbe Sujet über den Live-View-Modus auf dem Display präsentiert bekomme, sehe ich das entstehende Bild als Gesamtes. Ich kann mich viel besser auf die Details konzentrieren, Ausgleiche vornehmen und in aller Ruhe die für mich stimmige Perspektive suchen. Man arbeitet ruhiger, zielgerichteter und fokussierter. Es fühlt sich besser – natürlicher – an. Man gewinnt den Eindruck, als habe man mehr Zeit sich zu konzentrieren. Wahrscheinlich kann man sich das als DSLR-Fotograf nicht richtig vorstellen, was ich genau meine. Probiert es aus. Sucht euch eine Möglichkeit, um dies vergleichen und selbst testen zu können. Ich garantiere euch auf jeden Fall ein anderes (besseres?) Erlebnis.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Subjektive Wahrnehmung: Mehr Konzentration im Live-View-Modus © Mallaun Photography

 

3. Der digitale Sucher bietet ebenfalls ein besseres Bild

Für alle, die sich partout nicht mit dem Live-View-Modus anfreunden können und unbedingt durch den Sucher kucken müssen; Auch dies fühlt sich bei der Spiegellosen anders an, als bei einer Spiegelreflexkamera. Denn wieder kommt das Argument der Filmsimulation ins Spiel, welches euch im digitalen Sucher das Bild präsentiert, wie es später mal aussehen könnte. Und auch hier gilt; Dies ist mein subjektives Empfinden. Ich verstehe jeden, der die Meinung vertritt, dass er sich mit dem herkömmlichen Prismabild einer DSLR wohler fühlt. In der Fotografie gibt es kein Richtig oder Falsch.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Prismasucher und digitaler Sucher ist nicht das Gleiche © Mallaun Photography

 

4. Kleineres Gewicht, weniger zu schleppen

Früher fand ich es total sexy, einen möglichst grossen Kamerabody um den Hals hängen zu haben. Und ich war richtig stolz, wenn man mich darauf ansprach: „Bist du Fotograf?“.

Jetzt wo ich als Berufsfotograf arbeite ist genau das Gegenteil der Fall; Nur drei Punkte interessieren mich bei meiner täglichen Arbeit:

  • Technische Zuverlässigkeit und Qualität des Equipments
  • Bestmöglicher Workflow in punkto Zeitgewinn
  • Möglichst praktisches Arbeiten (Gewicht und Handling)

Als Architekturfotograf ist man ständig in Bewegung. Entweder reist man von Objekt zu Objekt oder von Standort zu Standort. Eines haben aber beide Situationen gemeinsam: Die Ausrüstung ist immer dabei. Es ist eine einfache Rechnung; Wer mit einer Spiegellosen Kamera arbeitet, schleppt nur noch fast die Hälfte des Gewichts in der Gegend rum.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Vitra Museum Weil am Rhein © Mallaun Photography

 

5. Kein Rückenschaden mit dem Stativ

Oft kommt bei Architekturfotografie das Stativ zum Einsatz, denn selten springt einem das Objekt davon und man hat alle Zeit der Welt, um sich auf die Bildkomposition zu kümmern. Der einzige Zeitfeind ist das Licht. Und da wären wir wieder bei der praktischen Handhabung der Kamera. In welcher Höhe auch immer die Kamera auf dem Stativ positioniert ist – der Spiegelreflexkamera-Fotograf wird sich immer wieder mit seinem Auge in Richtung Sucher bücken müssen, währen der Spiegellose ganz gemütlich auf seinen Display kucken kann. Und wer weiterhin mit einer DSLR arbeitet – nutzt bei der Architekturfotografie den Live-View-Modus. Er wird euch viel Freude bereiten und spätestens am Abend werdet ihr glücklich sein, wenn eurer Rücken immer noch ganz entspannt sein wird. 

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography

 

Obschon ich nur eine Fuji X100-F besitze, deren Display man nicht bewegen kann, freue ich mich schon jetzt auf den Moment, wo ich eine XT2 oder das entsprechende Nachfolgermodell besitzen werde, wo ich sämtliche Vorzüge der Wechselobjektive und des ausklappbaren Displays geniessen kann.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Vitra Museum Weil am Rhein © Mallaun Photography

 

6. Keine Erschütterung durch das Hochklappen des Spiegels

Für alle, die mit extremen Langzeitbelichtungen arbeiten und es äusserst mühsam finde, ständig den Spiegel hochklappen zu müssen, um jede noch so kleine Kameraerschütterung auszumerzen, werden die Mirrorless-Kameras erst recht schätzen lernen. Die einzige Erschütterung die beim Auslösen einer Spiegellosen zu spüren ist, ist zu vergleichen mit dem krassen Moment, wo eine ordinäre Stubenfliege auf dem Blitzschuh eurer Kamera landen wird.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Vitra Museum Weil am Rhein © Mallaun Photography

 

Der Extra-Tipp für alle FUJI-Architekturfotografen

Noch ist nicht alles Gold, was bei den Siegellosen glänzt. Ein entscheidender Nachteil der ständigen Dauer-Display-Befeuerung ist der immense Akkuverschleiss. Kommt hinzu, dass die kleinen rechteckigen Klötzchen in der Grösse einer Zündholzschachtel, die Fuji Akku nennt, ungefähr gleichviel Saft haben, wie die vertrocknete Zitrone im Gepäck eines Wüstenreisenden. Wer dies aber weiss, kann sich drauf einstellen und einfach genügend solche Teile einpacken. Aneinander gereiht sind drei Akkus von Fuji in etwa gleich gross wie ein Akku für meine Nikon D4 und halten in etwa gleich lang.

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Vitra Museum Weil am Rhein © Mallaun Photography

 

Und noch ein weiterer Tipp für die Fuji-Fotografen; Habt keine Angst vor hohen ISO-Werten. Auch wenn ihr in eurer Knipse einen kleinen APS-C-Chip habt, der im Grössenvergleich mit einem Follformater wie Ueli Maurer neben Arnold Schwarzenegger ausseht – das Ding ist spitzenmässig und zaubert auch bei 2000 ISO noch wunderschöne Bilder, mit einem ganz feinen, kunstvollen Korn.

Text & Bilder: Markus Mallaun

 

Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
Vitra Museum Weil am Rhein © Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography
Mirrorless und spiegellose Kamera versus DSLR in der Architekturfotografie
© Mallaun Photography

 

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