Daman ist ein kleines Fischerdorf im Nord-Osten Indiens und liegt etwas oberhalb Mumbais. Ein kleines, verschlafenes Nest, in das sich selten westliche Touristen verirren – ausser einer wie ich. Wir waren auf der Durchreise, wie man so schön sagt. Auf dem Weg von Udaipur (Rajasthan) über Ahmedabad nach Mumbai. Landschaftstechnisch und kulturell ist die Gegend nicht sonderlich spannend. Aber die Begegnung mit den Menschen dafür um so mehr.
Text & Bilder: Markus Mallaun
Als wir in Daman ankamen war das Schwierigste, eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Es gibt dort nur wenige Hotels oder Gasthäuser – am Schluss fanden wir ein schäbiges Kakerlakenloch, irgendwo in der Nähe der Hauptstrasse. Aber was solls; Für eine Nacht ist das schon ok. So verbrachten wir gezwungenermassen mehr Zeit draussen und pilgerten zum Hafen runter, wo die Fischer gerade ihre Boote an Land zogen und ihre Fangnetze zur Reparatur aufhängten.
Die Sonne stand schon relativ tief und der ganze Strand und die Hafenanlage wurden in ein romantisches, goldenes Licht getaucht. Gleich hinter den Fischerbooten waren auch die einfachen Hütten der Fischer und ihrer Familien.
Zuerst begegnete ich einem Fischer, der sein Netz an Land brachte und zwischendurch die Geduld aufbringen konnte, um ein schnelles Portrait zu schiessen. Danach musste er weiter – viel Arbeit wartete auf ihn.
Die Sonne näherte sich schon fast dem Horizont, als ich ein kleines Mädchen entdecke, das am Strand im Sand rumspielte. Ich muss sie etwas überrumpelt haben mit meiner Kamera – denn sie war ziemlich schüchtern und überrascht, als ich auftauchte.
Es dauerte nicht lange, bis weitere Kinder auftauchten und sofort die zwei grossen Weissen mit ihren Kameras entdeckten. Jedes wollte fotografiert werden und immer wieder riefen sie uns „one photo please“ zu.
Alle wollten gleichzeitig vor die Kamera – die Jungs natürlich an erster Stelle und möglichst immer zu vorderst. So einigten wir uns darauf, dass mein Vater sich mit der Gruppe beschäftigte und ich mir jeweils ein Model rauspickte, um es alleine zu fotografieren.
Ein Mädchen ist mir dabei besonders aufgefallen. Sie war auch die älteste in der Gruppe und kuckte immer, dass die Kleinen nicht all zu übermütig wurden.
Als ich sie portraitierte, kuckten mich Augen an, die mich hinter der Linse schmelzen liessen. Es waren eigentlich nicht jene glücklichen Kinderaugen, die ich sonst immer von der Kamera hatte. Es waren traurige Augen. Kinderaugen, die erzählten, dass sie schon viel mehr gesehen haben, als man in diesem Alter eigentlich hätte sehen müssen.
Auch die Kleider der Kleinen waren bestimmt nicht von Zara und auch nicht letzte Woche neu gekauft, geschweige denn, letzten Monat neu gewaschen. Sie machten mehr den Eindruck, als ob das ihr einziges Kleid war und sie dieses jeden Tag trägt.
Vielleicht interpretiere ich hier zu viel in dieses Erlebnis rein und mein Dolmetscher war gerade auch nicht in der Nähe, um mehr von den Girls zu erfahren. Aber irgendwie hatte ich zwar schöne Bilder auf dem Chip, der melancholische Gesichtsausdruck des Mädchens hat mich aber nicht mehr losgelassen.
Text & Bilder: Markus Mallaun
Hey Markus. Dieses Bild von dem Mädchen bewegt mich auch zutiefst. Danke fürs Teilen. Ich würde wie Angelina Jolie oder Madonna wahrscheinlich jedes traurig dreinblickende Kind vom Fleck wegadoptieren. Schwer auszuhalten solch eindringliche Blicke und man möchte doch eigentlich auch irgendwie helfen. Ist das Foto auch mit Deiner Aufsteckblitz-Konstruktion entstanden?
Hallo Jan. Danke für deinen Kommentar. Ja, das Bild ist ebenfalls mit dem Aufsteckblitz, einer TTL-Kabelverbindung und einem transparenten Schirm gemacht. Liebe Grüsse, Markus